H. Rittershausen, an U.v.Beckerath                                              

 

Neufassung des letzten der 4 Gesetzentwuerfe fuer die Neuauflage.

Erbitte Kritik

Brief folgt,                      gez. Ri., 12.(4.?) 48.

 

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V. Entwurf

eines Waehrungsgesetzes.

 

§ l

 

Die deutschen Boersen haben, soweit moeglich, taeglich je einen Preis fuer Gold und Silber und Kurse fuer die in Betracht koennenden auslaendischen Zahlungsmittel festzusetzen und zu veroeffentlichen.

Soweit ein Goldpreis in Reichsbanknoten zustande koennt, ist daraus in Verbindung mit § 5 ein Kurs fuer Reichsbanknoten zu ermitteln und bekannt zu machen.

Die Boersen haben sich bei der Preis- und Kursbildung auf die Konstatierung der von Wettbewerb gebildeten Preise und Kurse zu beschraenken. Sie sind verpflichtet, marktfremde Beeinflussungsversuche unbeachtet zu lassen.

 

§ 2

 

Die Preisbildung fuer Gueter und Leistungen aller Art sowie fuer die Lohnbildung ist frei. Ausgenommen sind

a) Erze, Kohle. Eisen und Stahl,

b) Verkehrs-, Post-, Fernsprech- und Telegraphentarife,

c) Strom- und Gastarife,

d) Mieten und Pachten,

e) die Getreide- und Brotpreise.

In diesen Faellen haben die Preisbehoerden die Anpassungen durch besondere Anordnung vorzunehmen.

 

§ 3

 

Entgegenstehende Vorschriften, insbesondere auf dem Gebiete der Devisen-, Gold- und Silberbewirtschaftung sowie des Preisrechts, sind aufgehoben. Saemtliche Warenbewirtschaftungsvorschriften auf dem Gebiete der gewerblichen Wirtschaft treten ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Gesetzes ausser Kraft; sie koennen von den zustaendigen Behoerden durch einfache Anordnung schon vorher aufgehoben werden.

Vorschriften, und Massnahmen, welche die Abstossung von Vorraeten an den Waren- und Arbeitsmaerkten kuenstlich erschweren, sind unzulaessig.

 

§ 4

 

Die der Rechnung und Zahlung in wertbestaendigen Einheiten entgegenstehenden Vorschriften sind aufgehoben.

 

§ 5

 

Mangels besonderer Vereinbarungen im einzelnen Falle ist das Gold Wertmesser (Waehrung). Einheit ist die Union-Mark, die in 100 Pfennige eingeteilt ist. Eine Union-Mark ist gleich dem festen Preise von l/5580 Kilogramm Feingold.

 

§ 6

 

(1) Im Verkehr sind, wenn nichts anderes vereinbart ist, dem Glaeubiger gegenueber nur aufdraengbar

a) deutsche Goldmuenzen unbeschraenkt, und zwar bei bisheriger RM-Praegung zum Festkurs in Hoehe des doppelten Nennwerts, bei neuer Praegung des einfachen Nennwerts,

b) Aufrechnung, beschraenkt auf die Hoehe der faelligen Schulden des Glaeubigers, zum Nennwert.

(2) Eine Verpflichtung zur Lieferung von Gold, Muenzen oder bestimmten anderen Zahlungsmitteln zur Erfuellung von auf Waehrungseinheiten lautenden Verbindlichkeiten besteht nicht.

(3) Der Glaeubiger hat durch Annahme seiner faelligen, auf Waehrungseinheiten lautenden Schuldurkunden, Geldscheine, Schecks und Gutscheine und der entsprechenden Papiere seiner Glaeubiger zum Nennwerte aufzurechnen, wenn der Schuldner solche anbietet. Die Bestimmungen des Buergerlichen Gesetzbuches ueber Aufrechnung bleiben unberuehrt. Die Beschraenkungen der Aufrechnung bei Schuldnern oeffentlichen Rechts und gegenueber dem Ausland sind aufgehoben.

(4) Der Glaeubiger hat die Aufrechnungsmoeglichkeit durch berufsuebliche Bereitstellung seiner Lieferungen und Leistungen (Ladenfundation) zu erleichtern und seine Bankverbindung bekannt zu geben.

 

§7

 

Die zur Zeit vorhandenen auf Reichsmark lautenden Forderungen und Verpflichtungen sowie die laufenden auf Reichsmark gestellten Vertraege gelten als in neuen Waehrungseinheiten (§5) abgeschlossen.

Dies gilt nicht von den verbrieften und unverbrieften Schuldverpflichtungen des ehemaligen deutschen Reiches und den durch solche Verpflichtungen gedeckten Schulden und Einlagen der Kreditanstalten. Das Naehere wird in einer Ausfuehrungsanweisung bestimmt.

 

§ 8

 

Fuer die zur Zeit im Umlauf befindlichen Reichsbanknoten, Rentenbankscheine, Militaernoten und Silbermuenzen setzen die Verwaltung fuer Finanzen sowie die Finanzminister der Laender von Zeit zu Zeit Kassenkurse fest, zu denen sie von bestimmten oeffentlichen Kassen angenommen werden. Darueber hinaus findet eine Verpflichtung zur Annahme solcher Zahlungsmittel im Verkehr zum Nennwerte nicht statt.

Wird eine geschuldete Leistung durch Uebergabe derartiger Zahlungsmittel bewirkt, so erlischt mit deren Annahme das Schuldverhaeltnis.

      Das Gleiche gilt fuer neue, auf Union-Mark lautende Zahlungsmittel.

 

§ 9

 

Im Verkehr bleiben im Zweifel Kursabweichungen der verkehrsueblichen Zahlungsmittel vom Nennwert um je l v.H. nach oben oder unten ausser Betracht.

 

§ 10

 

Unterbleibt die Feststellung oder die Veroeffentlichung des Kurses eines Zahlungsmittels oder findet fuer einen Zeitraum von laenger als 6 Boersentagen eine beschraenkte Zuteilung von Gold, Devisen oder Zahlungsmitteln statt, so kann der Glaeubiger die Annahme der Leistung so lange verweigern, wie die Feststellung oder Bekanntmachung des Kurses unterbleibt oder die beschraenkte Zuteilung andauert.

 

§ 11

 

Buchfuehrende Unternehmungen sind verpflichtet, nach Massgabe der handelsrechtlichen Bestimmungen ihre Forderungen und Wertpapiere einer neuen Bewertung zu unterziehen. Dabei sind Forderungen an das Reich nicht zu bewerten.

 

§ 12

 

Die Durchfuehrungsbestimmungen erlaesst.....

 

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First published in: Ulrich von Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe, Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 438 (Mikrofiche), Berrima, Australia, 1983. Pages 1229-1230.